"Zitronenbonbons für die Ewigkeit!" - Zur Seligsprechung von Sr. Aguchita Rivas, Schwester vom Guten Hirten

Zitronenbonbons?!  Es ist merkwürdig, wenn ich an die peruanische Mitschwester denke, erinnere mich an die Erzählung, dass sie kurz vor ihrem Tod Zitronen für Bonbons gekauft haben soll. Die sonnengelben Früchte sind in meiner Phantasie geblieben und dann das strahlende, beheimatende Gesicht von Sr. Augustina Rivas. Antonia Rivas (ihr Geburtsname) wurde am 13. Juni 1920 in Coracora in Peru geboren, zog 1934 nach Lima, um am Colegio Sevilla zu studieren. Hier lernte sie die Kongregation der Schwestern vom Guten Hirten kennen, die das College betrieben. Vom  Geist dieser Gemeinschaft angezogen, trat sie 1941 der Kongregation bei und nahm den Ordensnamen María Agustina an. Von ihren Mitschwestern wurde sie stets „Aguchita“ (kleine Agustina) genannt. Sie legte am 8. Februar 1945  ihre Gelübde ab und gehörte fortan der Ordensgemeinschaft an.

Bis 1988 wirkte sie im Stadtteil Barrios Altos von Lima als Köchin, Krankenschwester und Erzieherin. Ein besonderes Herz hatte sie für benachteiligte Mädchen und minderjährigen Waisenkindern, die durch soziale Armut in die Kriminalität abdrifteten - auch in organisierte Terrorbanden, wie den "Leuchtenden Pfad". Nach ihrer Versetzung nach La Florida kümmerte sie sich in der dortigen Einrichtung der Ordensgemeinschaft vor allem um Kinder und Jugendliche, die sich von der Terrororganisation abgewandt hatten. Das sollte ihr zum Verhängnis werden.

Aguchitas  praktische Initiativen zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung, zur Alphabetisierung und bei der Unterstützung von Familien riefen bei der Guerillaorganisation Missgunst und Gewaltaktionen hervor. Trotz der wachsenden Gefahr für ihr Leben beschloss Rivas, bei den Einwohnern von La Florida zu bleiben. 

Am 27. September 1990 überfielen Mitglieder des "Leuchenden Pfads" das Dorf La Florida und beabsichtigen, den Dorfvorsteher in ihre Gewalt zu bringen bzw. ihn zu exekutieren. Um ein großes Abschreckungspotential zu entwickeln, zwangen sie alle Bewohner, sich auf dem Dorfplatz zu versammeln. Aguchita war gerade am Markt, um Zitronen für die Herstellung von Süßigkeiten zu kaufen. Nachdem Guerillas den Ortsvorsteher nicht finden konnten, nahmen sie Aguchita ins Visier, warfen ihr vor mit ihrer Wohltätigkeit und durch Bildung junge Menschen vom bewaffneten Aufstand abgelenkt zu haben. Augenzeugen berichteten, dass sie von der bewaffneten Gruppe zuerst mit religiösen Beleidigungen eingeschüchtert und schließlich vor den Augen aller Dorfbewohner exekutiert wurde. Die leuchtenden, gelben Zitronen in den Händen.  

Mit ihr ermordete das Kommando des "Leuchenden Pfades" fünf weitere Dorfbewohner. (Vgl. Wikipedia, Stichwort: Augustina Rivas, abgerufen am 7.5.2022.)

Damals während meiner Ordensausbildung 1990, als wir davon erfuhren, war ich tief beeindruckt. Es war eine Mischung aus Entsetzen über den gewaltsamen Tod und gleichzeitigem Stolz über diese Mitschwester, die im entscheidenen Augenblick für ihre Überzeugung einstand...  mit strahlend leuchtenden Zitronen in den Händen -  Zeichen ihres einfachen aber authentischen Lebens.

Am 7. Mai 2022 wurde Agochita von Papst Franziskus selig gesprochen.